5c in Madrid

Montagmorgen 05:30:  Die verschlafene, aber hoch motivierte Klasse 5c sammelt sich am Flughafen Kloten und macht sich, bewaffnet mit Kaffes, Croissants und Augenringen als Kriegsbemalung daran, das Gepäck aufzugeben und sich darum zu kümmern, ob auch alle Reisenden angetreten sind. Glücklicherweise darf sich die Gruppe als vollzählig bezeichnen und in heiterer Aufbruchsstimmung verlässt das literargymnasiale Trüppchen den Schweizer Luftraum, angeführt von seinem Klassenlehrer, Herrn Scheller, und der Spanischlehrerin, Frau Ibañez.

Angekommen in Madrid wird der allgegenwärtige Enthusiasmus ein wenig gedämpft, da die ohnehin durch den Flug geschwächte Delegation sich erst einmal mit der Problematik der Abwesenheit eines der Koffer auseinandersetzen muss, bevor sie sich durch den Flughafenverkehr kämpft und dann in die madrilenische Metrounterwelt eintaucht. Gerüche, Geräusche und Hitze schlagen der 5c entgegen, als sie sich mutig durch diese Gefielde schlängelt und durchellbögelt, bis sie der Erdboden schliesslich bei der Plaza de Sol ausspuckt und sie sich mit letzten Kräften zum Hostel La Perla Asturiana schleppt und dort eincheckt. Das Hostel liegt gemütlicher Weise sehr zentral, die Zimmer sind sauber und die Redegeschwindigkeit des Portiers stellt die spanischen Sprachkenntnisse auf eine harte Probe, ergo war alles wie es sich gehört.

Nach einer erholsamen Mittagspause versammelt sich die Rämibühler Klasse wieder und erkundet in einem nachmittäglichen Streifzug das Habsburgerviertel, besichtigt die Plaza Mayor, die Puerta del Sol und die Markthalle San Miguel. Am Abend sind die Schüler sich selbst überlassen; in Grüppchen von Minimum drei schwärmen sie in die Nacht hinaus und geniessen Madrid unter dem Sternenhimmel. Um ein Uhr muss der Genuss dann im Hostel fortgesetzt werden, denn die Jugendlichen müssen genügend Energie tanken können, um sich mit voller Konzentration den Abenteuern des nächsten Tages widmen zu können. Das Aufstehen gelingt reibungslos, was zweifellos daran liegt, dass es durch den gemeinsamen Konsum von knusprigen Churros mit heisser Schokolade in einem nahegelegenen Café versüsst wird. Nach diesem Heldenfrühstück und einem sonnigen Spaziergang wird die Klasse von einigen Schülerinnen und Schülern über die Geschichte des Bahnhofes Atocha aufgeklärt, gefolgt von einem Rundgang durch den Parque de Retiro inklusive informativer kleiner Vorträge, selbstverständlich auf Spanisch gehalten. Anschliessend begibt sie sich in das Kunstmuseum Prado, um dort unter der allwissenden Führung des Klassenlehrers, bzw. von Headsets über welche der Lehrer kommuniziert, über die Leben und Werke von Künstlern wie Salvador Dali, Velazquez, Picasso und Hieronymus Bosch staunen zu können. Besonders ‘ El jardin de las delicias’, zu Deutsch ‘Der Garten der Gelüste’ lässt viele Schüler in ihren nicht immer kunstbezogenen Gesprächen innehalten und die Blicke erst ehrfürchtig, dann forschend und zuletzt fasziniert über das Meisterwerk gleiten. Das Mittagessen wird in der Region des Parque de Retiro verspiesen und dann ist jede und jeder wieder sich selbst bzw. dem eigenen Dreiergrüppchen überlassen und es bleibt nur zu erahnen, welche Abenteuer und wilde Geschichten nun ihren Lauf nehmen. Was man sagen kann, ist dass um Punkt ein Uhr dreissig alle wieder wohlbehalten auf ihren Zimmern sind und Nachtruhe herrscht.

Der nächste Tag beginnt mit einer Zug- und Taxireise nach Segovia, einem Städtchen, das die Klasse nach eineinhalb Stunden Weg erreicht. Nach einer kleineren Panne, bei welcher ein Schüler das Kunststück vollbringt, sein Mobiltelephon in einem Taxi liegen zu lassen, begibt sich besagte Klasse auch schon auf Entdeckungstour und im Verlaufe des Tages erfährt man etwas über die Kathedrale, den Alcazar und die Iglesia de Vera Cruz. Nachdem der architektonischen Schönheit Segovias genug Aufmerksamkeit gewidmet worden ist und alle Mitglieder der Klasse um einige Nuancen brauner sind als zuvor, tritt die 5c wieder die Rückfahrt nach Madrid an. Die Knaben ziehen sich das letzte, noch nicht allzu verknitterte Hemd an, die Damen werfen sich in Schale und gemeinsam verbringt die Klasse den letzten Abend in einem schicken Restaurant, lässt die Gläser klirren und schmaust köstliche Gambas, Patatas Fritas, Mariscos und Pescada. Anschliessend gilt es ein letztes Mal, Madrids Strassen unsicher zu machen. Die einzelnen Fraktionen und Bündnissysteme der Klasse legen das Kriegsbeil oder vielleicht auch nur die Säge des Desinteresses nieder und die 5c, geeint unter dem Eindruck der Freude und Lockerheit der letzten Tage, feiert auf gesittete und zugleich ausgelassene Art und Weise diese so angenehme und ereignisreiche Arbeitswoche.

Der letzte Tag beginnt nach einem lauten leicht chaotischen Auschecken mit einer Velofahrt, natürlich nicht ohne dabei eine Goyakapelle zu besichtigen, unter welcher die sterblichen Überreste des Malers liegen sollen. Die Fahrradfahrt am Kanal ist malerisch, das Wetter und das Klassenklima sind sonnig und um die Mittagszeit mündet die Tour in eine mehrstündige Pause, welche es den Schülerinnen und Schülern erlaubt, gebührend von der Stadt Abschied zu nehmen und sich noch ein allerletztes Mal den Bauch mit Paella und Gambas vollzuschlagen. Der Flughafen ist kühl und organisiert und man spürt schon, dass die 37 Grad Celsius und das feurige Temperament der Umgebung im Begriffe sind, sich langsam aber sicher auf die zürcherischen 10 Grad und ein auch insgesamt etwas zurückhaltenderes Klima abzukühlen. Der Flug verläuft problem- und turbulenzenlos und nachdem alle jungen Reisenden in Kloten ihre sieben Sachen wieder beisammenhaben, gibt es ein grosses kollektives Händeschütteln, Umarmungen und wer weiss die eine oder andere Träne – und schon ist unsere Arbeitswoche zu Ende und eine kühle, regnerische Nacht nimmt die Heimkehrenden in Empfang. Doch lange danach noch pocht die madrilenische Hitze in unseren Herzen und wir hören nicht auf, in erfolglosem Kampf gegen den Ohrwurm, «mira la mira la mira la -  la puerta d’ alcala» zu singen.

Jaú Gretler, 5c