Bye bye LG (3)

Die liebe gute „IB Klasse“ – zählt man alle Trittbrettfahrer, welche während der letzten vier Jahre auf den e-Zug auf- oder abgesprungen sind (oder beides), käme man sicher auf die grandiose Passagierzahl von mindestens 30. An der Endstation heisst es nun für weit gereiste, kümmerliche 18 von uns: „Aussteigen, bitte!“ In unseren Koffern tragen wir das, was uns am LG mitgegeben wurde: Eine breite Palette an Allgemeinwissen und das königliche Gefühl, nun geerdet in die Studienwelt ausschwärmen zu dürfen. Mit im Gepäck stecken aber auch Erinnerungen an gute und schlechte Zeiten, an unsere pubertären Jahre, an Krisen und Dramen jeglicher Art, den Weltuntergang und Wolke 7, aber auch an eine kontinuierliche Entwicklung vom „Du“ zum „Sie“, von Abercrombie zum eigenen Kleidergeschmack, vom Verzweifeln an Kommaregeln zu ernsthaften Diskussionen über Goethes „Faust“, zur ersten selbst unterschriebenen Absenz, zur Podiumsdiskussion über aktuelle Politik. Eingestiegen sind wir vor vier Jahren ins Coupé Nummer 426, von woher wir immer eine wunderbare Aussicht auf den Rämibühl-Rondell-Platz genossen und uns immer sehr unbeobachtet fühlten, auch wenn wir das natürlich nicht waren. Einen ersten Halt machten wir in  Harrogate, England, wo der gekochte Salat nur mit Mühe, der Gourmet-Cupcake aber ganz leicht in unseren Bäuchen verschwand. Für die zweite Station überquerten wir den Röstigraben und erlebten eine turbulente Woche am Genfersee, während die dritte einen windigen Aufenthalt in Berlin gewährte. Dass wir unsere geliebte „Nummer 426“ nach der fünften Klasse schon verlassen mussten war ein harter Schlag: das Schicksal der Wanderklasse ereilte uns, ein erstes ominöses Anzeichen dafür, dass unsere Tage am LG gezählt sind. Zum Abschluss bezauberte uns die alte Grösse Budapests, ein kurzes Innehalten auf der Zielgeraden unseres IB-Prüfungen-und-nach-einer-Woche-Pause-Matura-Marathons. Warum um alles in der Welt setzt das LG solche Schnellzüge ein? Vier Jahre könnten doch eigentlich gemächlicher vorüber ziehen. Trotzdem. Die Koffer haben sich so gefüllt, dass nichts mehr reinpasst. Die Tür geht auf, ein Tritt, zwei Tritte, das Perron unter den Füssen. Wir winken mit dem Nastuch und sehen, dass der Zug weiterfährt. Bye bye LG, farewell, wir gehen getrennte Wege, but we’ll remember you. Nun los, zum Reisebüro, die Weiterfahrt buchen.

Die Klasse 6e