Eigentlich wollten wir für die Arbeitswoche nach Barcelona reisen. Wir wollten etwas mit den Fächern Geschichte und Spanisch machen und so erkoren wir unseren Geschichtslehrer, Herrn Scheller, und Frau Ibáñez, die viele von uns im Fach Spanisch unterrichtet, als Leiter für diese Reise. Frau Ibáñez musste uns aber zu einer Destinationsänderung bewegen, denn Barcelona befindet sich im katalanischen Sprachraum, der nicht viel zum Fach Spanisch beigetragen hätte. Da wir fest entschlossen waren, nach Spanien zu reisen, entschieden wir uns dann für die Hauptstadt Spaniens, Madrid.
Nach einem äusserst frühen Flug und vielen Fahrten durch die angefüllte Madrider Metro mit ihren nimmer endenden, labyrinthischen Gängen gelangten wir zu unserer Herberge. Auf die längere, erholsame Mittagspause folgte ein kleiner Rundgang durch die Innenstadt. Eigentlich war dieser gedacht, um die Stadt so ein wenig kennen zu lernen, aber für uns war es der Beginn der Inbesitznahme unseres zukünftigen Reviers. Es lag zwischen der Plaza Mayor, dem Teatro Real und der Puerta del Sol.
Die Plaza Mayor ist einer der wichtigen Plätze dieser Stadt und eine immense, tiefe, rechteckige Einsenkung zwischen den hellen, matten Häusern, die in Madrid mindestens vierstöckig sind. Der Teatro Real ist das berühmte, aber leider nicht äusserst ästhetische Opernhaus Madrids. Die Puerta del Sol ist der Hauptplatz Spaniens, denn von dort werden alle Fernstrassen des Landes gemessen.
In der Nähe dieser drei Bauten gibt es äusserst viele Läden, die alles mögliche, von Souvenirs, Lebensmittel bis Freizeitartikel wie Fussbälle, anbieten. Wegen der billigen, qualitativ hochstehenden Glücksgüter waren wir sehr gern dort.
Am zweiten Tag dagegen folgte der Besuch einer weltbekannten und wichtigen Institution, dem Prado. Das Gebäude an sich ist kein Augenschein, es besteht aus Ziegelsteinen und grauen Bausteinen. Dafür ist aber die Sammlung sehenswert. Um alle Werke ein Mal betrachtet zu haben, bedarf man eines ganzen Tages. Sie ist gewaltig, denn alle Meisterwerke, die für den Besucher sichtbar sind, bilden nur einen Teil der eigentlichen Sammlung.
Nachdem wir da Vincis zweite Mona Lisa, Velázquez „Las Meninas“, das das beliebteste Bild der Kunstkritiker ist, und einige Werke Goyas angeschaut hatten, gingen wir in den Parco del Buen Retiro. Es ist ein weitläufiger, lichter Park, in dem man seine Gedanken wunderbar schweifen lassen kann. Dort erfrischten und amüsierten wir uns prächtig.
Am Nachmittag sahen wir uns noch einige Sehenswürdigkeiten an und in der Dunkelheit der Nacht tauchten wir schlussendlich in das rege Nachtleben Madrids gemeinsam unter und verbrachten eine gute Zeit.
Am dritten Tag besichtigten wir als erstes das zweitwichtigste Museum Madrids, das Centro de Arte Reina Sofía. Der Bau ist imposant wegen seiner Grösse und seiner Form. Nach einem Treppenlauf gelangten wir zum Ausstellungsobjekt, das wir sehen wollten. Es hat dieses Museum in aller Welt berühmt gemacht und wird deshalb gründlich überwacht. Es ist Pablo Picassos „Guernica“, das auf eindrückliche Weise und in monumentaler Form die Zerstörung der gleichnamigen Stadt während des spanischen Bürgerkriegs darstellt.
Der nächste bedeutende Programmpunkt bestand aus dem königlichen Spanien. Wir besuchten den Königspalast. Die Besucher werden dort durch Gänge, die sie mit Absperrungen bilden, durchgeschleust. Trotz dieser Unannehmlichkeit konnten wir den exquisiten und kostbaren Glanz und Prunk genauer ansehen.
Am Abend dieses Tages folgte für viele der Höhepunkt dieser Reise, das Fussballspiel Real Madrid gegen FC København (FC Kopenhagen). Um zum Santiago-Bernabéu-Stadion zu gelangen, mussten wir in die Metro steigen. Die langen, verzweigten Gänge waren voll, die Züge überfüllt. Bei der ganzen Menschenmenge war eine gewisse Aufregung wegen des Spiels zu beobachten.
Die Strasse vor dem Stadion war abgesperrt. Am Strassenrand waren kleine Stände, die Essen und Fanartikel anboten. Auf der Strasse selber war ein Menschenstrom, der sich zu den einzelnen Zugängen des weissen und gewaltigen Stadions hin bewegte. Der Fluss an Menschen rauschte durch die Gänge des Stadions, zerstreute sich und kam auf ihre Plätze. Anfangs wurde stimmungsvolle Musik ausgestrahlt, dann wurde das Tuch, das einen Ball darstellt, gehoben, das Zeichen eines Champions-League-Spieles, die Mannschaften begrüssten sich, das Spiel begann.
Auch wenn der FC Kopenhagen erstklassiges Fussball spielte, konnte er sich mit Real Madrid nicht messen, denn diese spielten auf allerhöchstem Niveau. Die Spanier hatten mehr Ballbesitz und spielten besser, die dänische Verteidigung kämpfte aber standhaft und ihre Angriffe waren nicht immer ganz harmlos. Trotzdem konnten die Spanier ihre Chancen besser verwerten und zwar mit einer Tandem-Leistung: die ersten zwei Tore wurden von Ronaldo erzielt, und die letzten zwei von di María. Kopenhagen blieb trotz einiger, guter Torchancen ohne erzieltes Tor.
Die Stimmung im Stadion war gesamthaft zugunsten von Real Madrid, denn die guten Aktionen dieses Clubs wurden mit Applaus gewürdigt und diejenigen des Dänischen Teams ausgepfiffen, obwohl die Abteilung der grössten Kopenhagener Fans die Stimmung mehr aufzuheizen wusste als diejenige der grössten Madrider Fans.
Am vierten Tag gingen wir in den Atocha-Bahnhof, in dessen Halle sich ein kleiner Garten mit Palmen befindet. Nach der Reise mit dem Schnellzug durch die karge, gelbe und ausserordentlich ebene Landschaft gelangten wir zu unserem Tagesziel, Toledo. Diese Stadt war lange die Hauptstadt Spaniens und somit die wichtigste Stadt der Welt für eine gewisse Zeit. Sie ist heute „nur“ noch der Hauptort der autonomen Region Kastilien-La Mancha, die den Austragungsort in Cervantes' Roman „Don Quijote“ bildet.
Nachdem wir der Stadtmauer entlang gelaufen sind, schritten wir durch das eindrückliche mit Toledos Wappen gekrönte Stadttor. Wir marschierten durch die engen mit Pflasterstein besetzten Strassen der Altstadt, die zwischen den hohen Häusern eingebettet sind.
Nach dem Besuch einiger Sehenswürdigkeiten und einer ausgelassenen Mittagspause, in der wir uns in der Stadt tummelten und uns vergnügten, liefen wir zur Hauptattraktion Toledos: die Kathedrale von Toledo, der Sitz des Erzbistums Toledo, und für die Katholiken von höchster Bedeutung.
Die Bauarbeiten an dieser Kirche haben Jahrhunderte gedauert. Sie ist immens und bereits von aussen betrachtet sehr eindrucksvoll. Innen ist sie noch ansehnlicher als aussen. Der hohe, grosse Raum wirkt durch das spärliche Licht noch grösser, als er ist. Er ist voll von Kunstwerken religiöser Art; selten sieht man solche Pracht, solchen Schmuck, derart viele Jesus- und Marienabbildungen nebeneinander.
Eine Weile nachdem wir in Madrid wieder angekommen waren, nahmen wir ein hervorragendes Abendessen zu uns, das den Anfang einer Nacht bildete, in der wir uns den nächtlichen Vergnügungen hingaben und die durch Heiterkeit gekennzeichnet war.
Am fünften und letzten Tag dieser Reise besichtigten wir das drittwichtigste Museum Madrids, die Privatsammlung Thyssen-Bornemisza. Die Sammlung spannt den Bogen von den alten Meistern bis zur zeitgenössischen Kunst – d.h. von den Landschaftsmalern der Renaissance, den Impressionisten, den Expressionisten und den Surrealisten wie Picasso bis zur Pop-Art. So waren Werke von van Gogh, Monet, Picasso, Rothko und Lichtenstein beispielsweise ausgestellt. Die Sammlung ist lobenswert, denn die ausgestellten Werke zeigen auch auf, was die Menschen oder Künstler in der jeweiligen Epoche bewegte.
Danach waren wir frei. Wir spalteten uns auf und taten sehr verschiedene Dinge. Manche von uns blieben ein wenig länger in der Sammlung, andere dagegen gingen in die Stadt, um zu konsumieren oder unterschiedliche Sachen zu kaufen, wieder andere erkundeten Stadtteile, in denen wir nie gewesen waren, und es gab solche, die wieder in die Herberge gingen.
Zu guter letzt begaben wir uns zum Flughafen. Ein Flug durch die Nacht brachte uns in das vertraute Zürich zurück, wo wir uns zerstreuten und jeder von uns seine Wege ging. Auch wenn diese Wege, die mit den Ferien begannen und mit ihnen endeten, sehr verschieden waren, so blieb uns doch etwas Gemeinsames. Es war die Erinnerung an eine wundervolle Reise, in der wir Madrid ein wenig kennen gelernt hatten.
Max Gheorghiu, 5a