In kleinen Momentaufnahmen berichten Schülerinnen und Schüler der Klasse 5i von ihrer Arbeitswoche im Ruhrgebiet mit Stützpunkt Essen.
Zugfahrt Montagmorgen 1.10.2018
Belustigt schauten die Lehrer zu uns. Bestimmt wunderten sie sich, ob wir schliefen oder Features hörten. Es war ein bisschen von beidem. Diese Features sind Audio-Beiträge von zirka fünfzehn Minuten zu Themata mit Bezug zum Ruhrgebiet. Denn während die Parallelklassen nach Berlin, London oder Madrid mussten, durften wir im Zug Richtung Ruhrpott sitzen - wo wir postindustrielle Spontanvegetation und Köttelbecken antrafen. Wir hörten also diese Features, und da wir keine Kopfhörer oder Lautsprecher hatten, liessen wir sie auf einem Handy laufen. Wir hatten das Handy auf den Tisch gelegt; und unsere Köpfe auch gleich daneben. So machten wir es uns gemütlich und kamen dem Schlaf gefährlich nahe ...
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Arbeitswoche 2018. Eine der vier Klassen flog nach London, die anderen nach Madrid und Berlin. Und wir? Reiseziel: Essen. Auf die Frage, wo das denn sei, wusste kaum einer zu antworten. Unsere Freunde machten Witze darüber und unsere Eltern erzählten uns nur von der Einöde des Industriegebiet. Doch wir wurden positiv überrascht. Die Wohnsiedlungen waren sehr modern und sauber, ebenso unser Hotel. Es lag nicht weit vom Hauptbahnhof und somit auch nicht vom Stadtzentrum. Die Innenstadt mit ihren Einkaufszentren bot viele Shoppingmöglichkeiten. Der erste Eindruck von Essen zeigte keine eine Einöde, sondern eine modernisierte Grossstadt.
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Es war eisig kalt. Doch schnell hatten wir das Restaurant ‚Pfefferkorn‘ gefunden. Als wir die warme Stube betraten, war für uns schon ein grosser Tisch gedeckt. Mit Neugierde betrachteten wir die Speisekarte und da alle hungrig waren, brauchten wir nicht lange, um uns zu entscheiden. Es dauerte eine Weile, doch als mehrere Kellner uns unsere Burger brachten, waren wir alle begeistert. Mit Freude fielen wir uns über die Burger her Als alle schliesslich satt waren, verliessen wir das warme Lokal und traten wieder in die eisige Kälte.
Ich glaube, fast alle von uns wünschten sich, dass sie für die Stadtführung wärmere Kleider angezogen hätten. Es war viel kälter, als die meisten von uns erwartet hatten und die ganze Zeit regnete es leicht. Das soll nicht heissen, dass die Stadtführung nicht lustig und spannend war, denn Ingo, unser Führer, machte amüsante Kommentare und erzählte interessante Dinge über die Geschichte von Essen und dem Ruhrgebiet. Etwas, das er sagte, sollte uns für den Rest der Woche verfolgen: Die Bezeichnung für die Pflanzen, die langsam aber sicher die alten Fabrikgelände zurückerobern: postindustrielle Spontanvegetation.
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Während unserer Führung zum Thema Strukturwandel im Ruhrgebiet haben wir Ingo kennengelernt. Die Art und Weise wie unser Tourguide zu uns gesprochen hat, war immer humorvoll und abwechslungsreich. Besonders beeindruckt hat uns seine Liebe zum Ruhrgebiet, zu Essen und zu seiner Geschichte, trotz der heute noch hohen Arbeitslosigkeitsrate und dem zu seiner Kindheit noch verschmutzten Umfeld. Als Beispiel nannte er eine gelbe Wolke, die stets über dem Gebiet zu hangen schien, eine Wolke aus den Abgasen der Kokereien, Zechen und Fabriken.
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Wir betraten das Fahrrad-Café ‚Radmosphäre‘ und warme Luft strömte uns entgegen. Durch den eisigen Wind und den Regen zitterten wir nicht nur vor Kälte, sondern waren auch nass. Die heisse Schokolade, die wir bestellten, war sehr willkommen. Während wir uns aufwärmten, wurden an jedem Tisch Spiele gespielt. Ob ‚Uno‘ oder ‚Gämsche‘ – Gelächter war auf jeden Fall dabei. Nach ausgiebigem Aufwärmen und Erholen traten wir wieder heraus in die Kälte.
Deutscher Einheitstag, die stillgelegte «Zeche Zollverein», hunderte Besucher dieses Unesco-Weltkulturebes und eine Klasse aus Zürich, die sich mit grossen Augen auf dem roten Kachelsteingelände umschaute. Ihrem Alter entsprechend entschied sich eine Mehrheit dafür, am Wettbewerb der Sendung mit der Maus teilzunehmen und konnte das Lösungswort innerhalb 30 Sekunden erraten, ohne einen einzigen Posten besichtigt zu haben. Die Gesichter derer, die mitbekommen hatten, dass unsere Führung vom bereits bekannten und beliebten Ingo geleitet würde, leuchteten deutlich auf. Und so verbrachten wir einen Vormittag unter unzähligen Touristen auf einer riesigen Anlage und erfuhren extrem viel Neues, während wir die abgelegensten Örtchen der Zeche erkundeten und erklärt bekamen. Alles in allem ein ermüdender, aber interessanter Vormittag, der uns mit viel neuem Wissen beschenkt hat.
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Am Abend wollten wir ins berühmte Ballett „Schwanensee“ gehen. Dafür machten wir uns alle hübsch. Im Opernhaus angekommen setzten wir uns auf unsere Plätze. Als es endlich anfing, waren wir alle beeindruckt von den wunderschönen Kleidern und vor allem von den Tanzkünsten der Artisten. In der Pause tauschten wir uns aus, wie oft man wohl üben und was für ein unglaubliches Talent man besitzen muss, bis man so elegant und fehlerfrei tanzen kann. Die Tänzer hatten alle unseren höchsten Respekt. Mit Freude genossen wir den zweiten Teil der Aufführung. Am Ende applaudierten wir so fest, bis unsere Hände kribbelten.
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18 Uhr im Aalto-Theater. Die Unsrigen, die es rechtzeitig geschafft haben, erhaschen sich noch die letzten Plätze. In Anbetracht der anderen Gäste wünschte sich mancher, das Hemd oder das Abendkleid wäre nicht im Packstress untergegangen. Ein Blick auf das Programm verrät uns, was ein ästhetischer Genuss zu erwarten ist: Schwanensee, ein Ballett in vier Akten. Die Neugier war gross, denn nur die Wenigsten hatten bereits einer Ballettaufführung beigewohnt. Wir folgten der Darbietung mit grossen Augen und liessen uns verzaubern. So verliess der Grossteil den Saal erfüllt von Faszination, und manch einer gar verträumt.
Was das wohl für ein Anblick gewesen sein muss: um zehn Uhr sass ein Haufen schlaftrunkener Gymnasiasten im Landschaftspark Duisburg und diskutiere über die Rechte der Bergarbeiter im Ruhrgebiet. Andauernd wurde der Grossteil der Gruppe von vorbeilaufenden Passanten mit Hunden abgelenkt. Umgeben von einer scheinbar unendlichen grünen Weite im Halbnebel erforschten wir den Landschaftspark. Als wir unseren Weg über verlassene Gleise, durch Gestrüpp und Geäst suchten, ergab sich eine Ausruhmöglichkeit: eine Kletterwand und eine Rutsche! Altersgemäss gingen natürlich alle auf die Rutsche, sogar Herr Nell und Frau Müller-Weibel;) Ein riesen Spass für gross und klein!
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Unsere Exkursion führte uns zum Landschaftspark Duisburg, einem alten Industriegelände, welches heute als Park dient. Die Türme, Hallen und Mauern sind von verschiedensten Pflanzen überwachsen; so genannte postindustrielle Spontanvegetation. Ein Ort, der vor fünfzig Jahren verschmutzt und gefährlich war, ist heute ein grüner. Wo damals Arbeiter schufteten, spielen heute Kinder. Auch wir konnten uns auf einer langen Rutschbahn austoben, und in allen ist das innere Kleinkind wieder hervorgekommen.
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Die Busfahrt vom Mülheimer Bahnhof bis zum Theater dauerte eine gefühlte kleine Ewigkeit. Während die Umgebung immer dörflicher wurde, unterhielten wir uns über das bevorstehende Theater ‚Days in the Sun‘. Dieses hatte nämlich einen kleinen Knackpunkt: die Sprache. Es spielt in Syrien und die Schauspieler führten das Stück in der dort gesprochenen Landessprache, also arabisch, auf. Obwohl Übertitel eingeblendet wurden, empfand ich es als schwer, dem Schauspiel zu folgen. Zum einen wegen der Sprache, zum andern ist auch mein Wissen über die dortige Lage sehr beschränkt, was es mir leider erschwerte. Trotzdem möchte ich diese Erfahrung nicht missen.