Expedition nach Indonesien – Das LG setzt neue Massstäbe

Am Samstag, 14. Juli 2018, war es soweit. 9 Schülerinnen und 17 Schüler aus dem LG starteten am Flughafen Kloten zu einer über zweiwöchigen Biologieexpedition nach Südost Sulawesi, Indonesien.

Die Idee dazu hatte über ein Jahr zuvor der Biologielehrer M.A. Fröhlicher, der mit Operation Wallacea (kurz Opwall) Kontakt aufnahm, einem Spezialisten für Studentenexpeditionen im Bereich Naturschutzforschung.

Opwall, benannt nach dem britischen Naturforscher Alfred Wallace, organisiert Expeditionen für Studentengruppen, welche im jeweiligen Einsatzgebiet einen einzigartigen Einblick in die Arbeit der BiologInnen erhalten, interessante Vorträge von Fachleuten zu hören bekommen und für Umweltthemen sensibilisiert werden. Ein Teil der Expeditionskosten fliesst direkt in die Forschungsprojekte und ermöglicht so eine langfristige und nachhaltige Forschung zur Artenvielfalt.

Mit ideeller Unterstützung der Schulleitung organisierte Herr Fröhlicher im März 2017 in der Schule einen Vortrag über eine mögliche Expedition nach Indonesien. Im Fokus stand die Biodiversität in zwei lokalen Ökosystemen: Regenwald und Riff. Das Echo der Schülerschaft war überwältigend. Trotz der hohen Kosten meldeten sich 26 Schülerinnen und Schüler an mit der Auflage, sich selber intensiv im Fundraising zu engagieren, um sich einen Teil der Expedition selber zu verdienen und sich thematisch zu vertiefen.

Es sollte eine Expedition werden, die punkto Spannung und Vorbereitung einen Vergleich mit den Reisen eines David Livingstone oder Charles Darwin nicht zu scheuen braucht und für eine öffentliche Mittelschule neue Massstäbe setzt. Über ein Jahr dauerte die Planung, das Fundraising, die medizinischen Checks, Impfungen, Passerneuerungen, Visaabklärungen und Materialeinkäufe. Die Vorbereitungen intensivierten sich in der letzten Woche vor Abreise und das Gepäck wurde auf das Wesentliche beschränkt. Vorgabe: 10kg. Dies war entscheidend, weil von Beginn weg klar war, dass das Gepäck über mehrere Stunden selber durch den Dschungel geschleppt werden sollte. Vier Nächte in einer Hängematte im Dschungelcamp, sechs Nächte auf der abgelegenen Insel Hoga (Wakatobi-Inselgruppe).

Würden die LG Schülerinnen und Schüler dieses Abendteuer und die Strapazen schaffen?

Lesen Sie den Erlebnisbericht von Philipp Fellner.

Dr. Lorenz Leumann, Prorektor und Biologielehrer

 

Schülerbericht:

Rückblick auf zwei Wochen in Indonesien

Einige Wochen ist es her, seit wir von Indonesien müde aber erfüllt von verschiedensten Eindrücken zurückgekehrt sind. 378 Stunden vollgepackt mit allem, was es halt so im Dschungel, auf einer abgelegenen Insel und auf 40 Stunden Reisen bis ans Limit (wir «beamten» nur so durch die Zeitzone) braucht: Da gab es zum Beispiel die fast surreal schönen Sonnenuntergänge, die wir von einem traumhaften Palmenstrand aus erleben konnten oder den sintflutartigen Regen im Urwald, der den schon matschigen Humus-Boden des Dschungels in ein dickflüssiges Schlammbad verwandelte, in dem man zum Teil bis über die Knöchel feststeckte, dass es nur so «schmatzte», wenn man den Fuss jeweils wieder aus dieser Masse herausziehen wollte.

So darf und kann man zu Recht sagen, dass diese Reise durch verschiedene Extreme geprägt war. Auf der einen Seite erlebten wir die Schönheit der Natur auf eine Weise, wie die meisten von uns sie so wahrscheinlich nur aus einem «National Geographic» Magazin kannten. Auf der anderen Seite zeigte sich uns die Natur auch in ihrer für uns ungewohnten, zum Teil auch unangenehmen Form. Neben dem Regen ist hier vor allem die Feuchtigkeit gemeint. Man tat, was man konnte, um der ewigen Nässe die Stirn zu bieten, der gewünschte Effekt blieb jedoch aus. Am Tag wie auch in der Nacht schwitzte man «gemütlich» vor sich hin, egal ob es regnete und man unter einer Pelerine verschmachtete oder ob man nur in einem doch so teuren Outdoor-Shirt herumlief: Es half alles nichts. Sich mit der Lage abzufinden war die einzige sinnvolle Lösung; sei es bei den Blutegeln, die in regelmässigem Abstand einzelne Mädchen zu schrillen Schreien verleiteten oder beim Klima.

Nach zwei, drei Tagen im Regenwald wurden wir zunehmend gelassener. Der Blutegel, der einem vor kurzem noch so fürchterlich eklig erschienen war, wurde kurzerhand gepackt und in hohem Bogen in den Matsch, zurück in seine feuchte, glitschig-matschige Welt befördert. Das anfänglich so unangenehme «Verregnetwerden» nahm man auch nur noch unbewusst war; der Schweiss sowie das Wasser hatte sich wie zu einer Art zweiter Haut entwickelt.

Während das Unangenehme also mehr und mehr in den Hintergrund geriet, begannen die Freude, Begeisterung und Angenehmes unsere Zeit auszufüllen. Man unterhielt sich während dem Wandern darüber, wie schön es doch sei, dass das LG auf der anderen Seite der Erde lag, zum Teil stimmte man ein fast vergessenes Lied aus der Kindheit an oder man staunte einfach nur über die umwerfende Umgebung, in der wir uns befanden – Und auf einmal war man wieder draussen – wieder in der «Zivilisation». Asphalt! Autos! Strassen! Nun gut, Strasse konnte man das nicht nennen. Eher ein Minenfeld bestehend aus unzähligen Schlaglöchern, dass man schon mindestens so hart durchgeschüttelt wurde, wie an der harmlosen Zürcher Chilbi. Ach, die Schweiz… Worauf man bei uns nicht alles achtet! Hier, in Indonesien macht das Fahren doch das erste Mal so richtig Spass! Heiter bahnt sich da das stotternde Gefährt seinen Weg durch den Hindernispfad und rauf und runter und rauf. «Oke, jetz langets aber langsam…»

Nach fünf Tagen in der Wildnis und einfacher «Reis Diät» im Dorf namens Labundo angekommen, freuten wir uns darüber, endlich etwas anderes als Reis zu essen. Wir wussten natürlich, dass uns zu hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit dieses weisse Zeug vorgesetzt werden würde, nur fanden wir wenigstens den Gedanken an ein wenig «Herdöpfel» oder Spaghetti befriedigend. Man weiss ja nie…

Die zweite Woche, die wir auf der Insel Hoge verbrachten, verging ebenso schnell wie sie begonnen hatte. Teilweise ist dies wahrscheinlich dadurch erklärbar, dass wir (also dreiviertel aller Schüler und Lehrer) für zwei, wenn man Glück hatte einen Tag ausser Gefecht standen. Ein scheusslich fieser Virus, oder was auch immer es für ein «Monster» war, hatte sich genau die unschuldigen LG Schüler als Opfer ausgesucht. In dem Zustand des Krankseins bekam man leider aber auch zum Glück nicht viel mit von der Umwelt. Ab und zu hörte man das Stöhnen eines Leidensgenossen, das einen wieder etwas glücklicher stimmte. Man wusste dann, dass es immerhin auch noch 20 andere gab, die auch gezwungen waren, in ihrem verschwitzen Schlafsack auszuharren. Das tat gut.

Umso lebendiger stürzten wir uns die Tage danach ins glasklare Salzwasser, um die Unterwasserwelt zu entdecken. Bezaubernde Fischschwärme zogen dort scheinbar schwerelos ihre Kreise im Wasser. Farbenprächtige Korallen, Seesterne und Schwämme bildeten zusammen einen schillernden Teppich, den wir in unserer Tauchausrüstung aus nächster Nähe betrachten konnten. Eine Welt, in der man nur das Blubbern der eigenen Luftblasen hören kann und sich durch Zeichensprache verständigen muss. Und schliesslich freut man sich doch, wenn man die Wasseroberfläche durchstösst und wieder die salzige Luft des Ozeans einatmen kann.

Dann ging alles sehr schnell. Noch ein letztes Mal den Sonnenuntergang betrachten, noch ein letztes Mal in der Morgenstunde dem weissen Sand entlangspazieren und schon begab man sich wieder auf die Rückreise. Einerseits erleichtert, dass man die etlichen Flüge glücklich überlebt hat, und froh, sich nun bald wieder im trauten Zürich zu befinden, andererseits erfüllt von all den Erlebnissen, die man noch nicht als Erinnerungen an Vergangenes anerkennen wollte, fand man sich also irgendwann am Zürcher Flughafen ein.

Rückblickend scheinen jene glücklichen Tage fast irreal; ein Traum, aus welchem man doch ein bisschen zu schnell aufgewacht ist. Erzürnt darüber, will man sich gewaltsam zurückträumen, um wieder den feinen Sand unter den Füssen zu spüren, wieder die süssen Regentropfen der Tropen auf den Lippen zu spüren, wieder der blutroten Sonne zusehen, wie sie langsam den Horizont des Ozeans hinabsteigt, wieder zurück in unserem Indonesien sein.

Philipp Fellner, 6i