Personal Project im Spital Davos

Erlebnisbericht

Aus Interesse an der Medizin habe ich mein Personal Project im Rahmen eines zweiwöchigen Praktikum im Spital Davos absolviert, bei dem ich einen Einblick in den Spitalalltag, in die Aufgaben der Pflege und vor allem in den vielfältigen Beruf eines Arztes/ einer Ärztin erhalten habe. Davos war eine gute Gelegenheit, da ich mich auf eine Ortsveränderung freute und mein Onkel, der als Hausarzt in Davos tätig ist, mir den Kontakt zum Spital vermitteln konnte.

Mein Praktikum begann am Montagmorgen um 8 Uhr im Stationszimmer der Station B. Auf dieser Station liegen Patienten der Inneren Medizin, und ausnahmsweise auch der Chirurgie. Ich wurde vom Pflegepersonal begrüsst. Sie zeigten mir die Station und erklärten mir ihre Aufgaben. Marita, eine Pflegefachfrau in Ausbildung führte mich durchs ganze Krankenhaus, zeigte mir die verschiedenen Abteilungen und stellte mich allen vor. Ich war beeindruckt, wie viel Ausstattung ein Spital, verborgen vor den Augen eines Besuchers, benötigt (z.B. Küche, Wäscherei, Materiallager, Labor, …). Ich begleitete die Pflegefachfrauen und half bei einfachen Arbeiten mit. (Betten machen, Patienten unterstützen/ sich mit ihnen unterhalten, Kardexe (Pflegeinformationen zum einzelnen Patienten) bei Neueintritten vorbereiten und vieles mehr)
Morgens um sieben findet jeweils der Wechsel von der Nacht- zur Frühschicht statt. Man tauscht sich aus über die Geschehnisse der Nacht und informiert über Neueintritte. Wir besuchten die Patienten, begrüssten sie und fragten nach ihrem Wohlbefinden. Jeder Patient wird pro Tag ein bis mehrmals überwacht (d.h. Blutdruck, Herzfrequenz, Sättigung und Körpertemperatur messen) und gewogen. Diese Arbeit konnte ich bald auch selbst übernehmen! Das Wägen ist vor allem bei Patienten mit Herzbeschwerden sehr wichtig, da der Körper bei ihnen oft Wasser ablagert. Danach werden die Medikationen bereitgemacht, welche die Patienten mit dem Frühstück zu sich nehmen. Dies folgt strengen Regeln und die Medikamente werden jeweils zweimal von verschiedenen Personen überprüft. Eine weitere wichtige Aufgabe der Pflege ist das Führen der Kardexe. In diesen werden die genauen Angaben des Patienten festgehalten (Diagnose, Verlauf, Therapie, Pflegebericht, Medikationen, usw. ). Die grossen Unterschiede in der Selbstständigkeit der Patienten waren beeindruckend. Manche nahmen praktisch keine Hilfe in Anspruch, anderen muss bei jeder Tätigkeit geholfen werden. Ich begleitete die Patienten sowohl zu ihren Spezialuntersuchungen, wie Röntgen, MRI (Magnetic Resonance Imaging), CT (Computer Tomografie), Ultraschall, Lungenfunktionstest und zum Kardiologen, aber auch zur Physio- und Ergotherapie.

Während diesen ersten Tagen auf der Pflege kam ich auch mit den Ärzten ins Gespräch und knüpfte interessante Kontakte. Es war erfreulich, wie freundlich und offen alle waren. So erhielt ich in der zweiten Woche die Gelegenheit, die Stationsärzte und Unterassistenten zu begleiten. Diese Tage waren ausserordentlich spannend und abwechslungsreich.

Am Anfang stand jeweils der Röntgenrapport, bei welchem sich alle Ärzte gemeinsam die Röntgenbilder ansehen und das weitere Vorgehen besprechen. Dann folgt der allgemeine Rapport. Der diensthabende Arzt im Notfall erläutert die Geschehnisse und Neueintritte der Nacht. Die zuständigen Ärzte informieren den Chefarzt und die Oberärzte der Reihe nach über ihre Patienten,  dann erfolgt die Tagesplanung. Danach hatte ich jeweils die Gelegenheit einen der Ärzte auf seine Station zu begleiten. Dadurch erhielt ich im Verlauf der Woche einen Einblick in den Funktionsdienst, der für Röntgen, MRI, Ultraschall und CT zuständig ist, in die Endoskopie (Magen-/Darmspiegelung), die Tätigkeit des Kardiologen, die Bettenstation mit dem Alltag der Stationsärzte, die Intensivstation und den Notfalldienst. Es war unglaublich abwechslungsreich und spannend und immer wieder erstaunlich, wie viel Zeit sich die Ärzte nahmen, mir alles genau zu erklären und zu erläutern, während sie am Behandeln waren. Sie haben mich immer wieder miteinbezogen und mir kleinere Handgriffe überlassen.

Besonders spannend fand ich den Tag im Operationssaal, bei welchem ich die Chirurgen begleitete. Zuschauen durfte ich bei einer Kniegelenk- und einer Schienbeinoperation, einem Eingriff aufgrund eines Bandscheibenvorfalles und einer Gallenblasenoperation. Ich war bei letzteren besonders fasziniert, wie mit einem verhältnismässig kleinen Eingriff so viel erreicht werden kann. Bei der Operation wurde mit Hilfe einer Kamera gearbeitet, das war sehr beeindruckend. Ich sah Dinge, die ich noch nie zuvor gesehen habe,  und konnte die ganzen Operationen Schritt für Schritt mitverfolgen. Unglaublich, wie konzentriert und genau ein Arzt arbeiten muss, besonders auch bei neurologischen Eingriffen, bei welchen ein falscher Handgriff verheerende Folgen für das Leben des Patienten haben kann. Ein Arzt muss sehr viel Verantwortung tragen können. Operationen sind präzise Teamarbeit, jeder Handgriff muss sitzen. Der Ablauf im OPS (Operationssaal) folgt strengen Regeln und ist genau organisiert. Damit ich den sterilen Bereich betreten konnte, musste ich drei Minuten die Hände desinfizieren und Operationskleidung, Mundschutz, Brille  und Handschuhe tragen. Auch im OPS erklärten mir die Ärzte ihre Arbeitsweise und ich durfte am Operationstisch stehen! Das war für mich ein riesiges und sehr eindrückliches Erlebnis. An diesem Tag standen wir jeweils mehrere Stunden pausenlos im OPS, wir arbeiteten bis spät  am Abend, das Mittagessen fiel aus, ohne dass wir es richtig bemerkten.

Ein weiteres, für mich sehr prägendes Erlebnis fand im Notfall statt. Dort ist manchmal die Hölle los und es kommen neue Patienten ohne Ende. An diesem Tag befanden sich praktisch keine Patienten im NF. Plötzlich wurde ein Notfall durchgegeben. Die Ambulanz fuhr in Begleitung eines Arztes zum Unfallort. Die einzige Information, die die wartenden Ärzte im Krankenhaus hatten, war: Arbeitsunfall im Clavadell. Von der Ambulanz erfuhren wir, dass es sich um eine Rea handelt (d.h. der Patient muss reanimiert werden).  Ich wurde angewiesen mich im Schockraum im Hintergrund zu halten, so ich wolle, oder die Situation von aussen durchs Fenster zu beobachten. Nach der Ankunft des Patienten wurden weiter ständige Herzmassagen gemacht, um ihn zu reanimieren. Es wurden Infusionen gelegt und Medikamente verabreicht, gleichzeitig versuchten andere fieberhaft Informationen zum Patienten und zu seinen Angehörigen zu erhalten. Das ganze Handeln musste dabei noch schriftlich festgehalten werden für allfällige spätere Fragen. Ca. 2 Stunden nach dem Vorfall konnte noch immer keine Besserung festgestellt werden. Der Chefarzt beschloss die Rea abzubrechen. Dieses Erlebnis war hart und hat mir bewusst gemacht, dass nicht alle Patienten gerettet werden können, obwohl alle ihr Bestes geben. Freude und Leid sind sehr nahe beieinander.

Erfahrungen:

Meine Erfahrungen im Spital waren ausgesprochen positiv. Es war ein spannender erster Einblick in die Berufs- und Erwachsenenwelt. Der Einblick in den menschlichen Körper und die viele Möglichkeiten kranken oder verletzten Menschen zu helfen haben mich sehr beeindruckt. Ich habe viel erfahren und gelernt, sowohl über das Leben im Spital und die Medizin, als auch über mich selbst. Ich habe gelernt an mich zu glauben und Vertrauen in mich zu haben. Im Verlaufe dieser Woche habe ich meine Unsicherheit gegenüber den Patienten verloren. Das Zuschauen bei einer Operation hat mich zu Beginn schon etwas Überwindung gekostet,  auch beim Behandeln einer Wunde hinzuschauen ist gewöhnungsbedürftig, aber es hat mich auch erstaunt und erfreut, zu sehen, dass ich dazu fähig bin, wenn ich will, dass ich mich beherrschen kann, wenn ich will.

Ich bin im Spital mit schwierigen und aufwühlenden Situationen in Kontakt gekommen. Es gibt Menschen, denen nicht geholfen werden kann und die nicht geheilt werden können, ich war konfrontiert mit dem Tod eines jungen Menschen. Auch mit diesen Fällen muss man umgehen können. Das Leben eines Menschen ist endlich, wir alle sterben irgendwann. Dennoch unternehmen im Spital alle ihr möglichstes und versuchen aus jeder Situation immer das Beste zu machen, die Hoffnung nicht zu verlieren und den Menschen zu helfen und das alles immer möglichst professionell. Das zu sehen war beeindruckend. Ich bin sehr froh, dass mir die anderen Ärzte geholfen haben dies zu verarbeiten. Sie haben mir wertvolle Tipps gegeben und wir haben über das Geschehene gesprochen. Ich konnte alle Fragen, die sich mir aufgeworfen haben stellen. Dadurch, dass man darüber spricht, hilft man sich gegenseitig, seine gemeinsamen Erlebnisse und Erfahrungen zu verarbeiten und zu verdauen. Ich denke auch, dass man mit solch belastenden Ereignissen distanzierter umgehen kann, je mehr Erfahrung man hat.

Ich war überhaupt sehr positiv überrascht von der Offenheit und Freundlichkeit aller Leute, denen ich im Spital begegnet bin. Ich konnte viele neue Kontakte knüpfen und fühle mich nun viel sicherer im Umgang mit anderen Menschen, sei es mit Patienten, oder mit anderen Mitmenschen. Wir haben viel erzählt und gelacht. Ich habe mich in diesem Umfeld ausserordentlich wohl und willkommen gefühlt und wurde sehr schnell ins Team integriert.
In kurzer Zeit entstanden schöne Freundschaften, von welchen ich sehr profitiere. Mit Laura (Unterassistentin) entstand eine besonders schöne Freundschaft. Wir haben viele Gemeinsamkeiten, lernen voneinander und hatten es immer lustig zusammen.

Der Beruf eines Arztes fasziniert mich sehr. Man hilft den Menschen und gibt sein bestes und die Themen sind ausserordentlich spannend, die Aufgaben immer wieder anders. Es braucht volle Konzentration und ein grosses Wissen und Können um in den entscheidenden Situationen zu helfen. Ich habe gelernt wie wichtig das Team im Spital ist. Man tauscht sich gegenseitig aus und gibt Ratschläge. Ohne Teamarbeit würde nichts funktionieren. Teamarbeit ist die Grundlage für ein effizientes Arbeiten.

In diesem Sinne kann ich ein solches Praktikum an einem Spital nur empfehlen, mir wird es unvergesslich bleiben und ich bin dankbar für diesen Einblick in ein Fachgebiet, welches mich nun wohl noch mehr fasziniert.

Fanny Stählin, 4b