Ich habe mich entschieden einen sozialen Einsatz bei der AOZ zu machen, bei dem ich in erster Linie in der Handwerkstatt in Oerlikon ausgeholfen habe, aber auch an einigen Tagen in andere Bereiche der AOZ reingeschaut habe. Die AOZ ist eine Organisation, die Geflüchteten oder Arbeitssuchenden in vielen verschiedenen Weisen hilft. Die Handwerkstatt in Oerlikon fokussiert sich darauf, den sogenannten TeilnehmerInnen, das sind Geflüchtete, die schon länger in der Schweiz sind, oder Arbeitssuchende eine Struktur in den Tag zu bringen und sie gleichzeitig zu unterstützen und ihnen zu helfen, eine Arbeit zu finden. Während ihrer Zeit in der Handwerkstatt üben die TeilnehmerInnen verschiedene handwerkliche Tätigkeiten aus, wie nähen oder basteln. Die fertigen Produkte werden am Schluss entweder im eigenen Shop oder an Läden verkauft. Das Geld wird in die AOZ investiert.
Mein Ziel war es, einen kleinen Einblick in das Leben von Flüchtlingen zu erhalten, welches sich so sehr von meinem Leben unterscheidet. Ich wollte der Organisation helfen, indem ich mich mit den TeilnehmerInnen unterhalten habe und gleichzeitig handwerkliche Produkte hergestellt habe, die dann verkauft wurden. Ich fing am Montag um 8:30 Uhr an und habe dann bis 16:00 Uhr beim Programm der TeilnehmerInnen mitgemacht. An einigen Tagen durfte ich bei einem Coachinggespräch dabei sein. In einem solchen Gespräch bespricht der Coach des jeweiligen Teilnehmers oder der jeweiligen Teilnehmerin wie es ihnen geht und es werden verschiedene Arbeitsmöglichkeiten für nach dem Kurs diskutiert. Am Donnerstag der ersten Woche durfte ich an einem Deutschkurs teilnehmen, in dem ausschliesslich Frauen aus der Ukraine anwesend waren. Sie waren sehr lernbegierig und ehrgeizig und hatten, obwohl sie erst vier Monate in der Schweiz waren, schon gute Deutschkenntnisse.
Am Dienstag der ersten Woche habe ich zusammen mit einer Betreuerin aus Oerlikon aus der Handwerkstatt einen Einblick in das Bundesasylzentrum Embrach bekommen. Wir wurden durch das Gelände geführt und erhielten Informationen über jeden Arbeitsbereich des Zentrums. Die Aufgabe der Mitarbeitenden ist die Betreuung der BewohnerInnen. Die BewohnerInnen sind Menschen, die noch auf den Entscheid über ihren Aufenthaltsstatus warten oder eine Absage bekommen haben. Im zweiten Fall warten sie ihre Rückreise in ihr Heimatland ab. Während ihres Aufenthalts stehen ihnen Anwälte, Berater, Seelsorger und Geld als Starthilfe zur Verfügung. Es gibt ein sogenanntes Animationsprogramm, welches verschiedene Sportarten, Tagesausflüge oder künstlerische Betätigungen anbietet. Die Kinder gehen tagsüber in den Kindergarten oder in die Schule und die Erwachsenen bleiben in den Zimmern oder verdienen sich mit Hausarbeit etwas Geld. Wir haben auch eine Führung durch den Schlafbereich bekommen; in Zimmern für länger bleibende Bewohner stehen meistens um die vier bis sechs Betten und in den Zimmern für Bewohner, die nur einige Tage bleiben, stehen oftmals um die vierzig Betten. Dabei handelt es sich fast ausschliesslich um ukrainische Flüchtlinge. Es war schwer, für mich zu sehen, wie eng alle in diesem Zimmer aufeinander hockten, aber trotzdem bin ich sehr froh, dass ihnen dort geholfen wird.
Am Dienstag der zweiten Woche hatten wir eine Führung in einem Durchgangszentrum in Volketswil. Man vermittelte uns einen Überblick und wir durften an zwei Lektionen in einem Deutschkurs hospitieren. Die Teilnehmer hatten noch gar keine Deutschkenntnisse und es war schön, ihre Fortschritte zu sehen.
Meine grösste Schwierigkeit war die Verständigung, weil ich nicht immer verstanden habe, was mir die Bewohner oder die Teilnehmer mitteilen wollten. Irgendeine Lösung hat man aber immer gefunden, entweder man hat die Hände zur Hilfe genommen oder das Handy. Es fiel mir auch manchmal schwer, richtig hinzusehen, wenn uns gezeigt wurde, wie es aussieht, wenn so viele Menschen und auch Haustiere aus unterschiedlichen Kulturen und unterschiedlichen Alters auf so engem Raum zusammen leben. Und eine Sache, die mich sehr überrascht hat, ist, dass Flüchtlinge aus der Ukraine sozusagen bevorzugt werden; sie bekommen immer mehr Spenden und den sogenannten Status S, das bedeutet, dass sie sofort eine Arbeits- und Wohnbewilligung erhalten, ohne zuerst ein Verfahren durchgehen zu müssen.
Die grössten Schwierigkeiten der Bewohner bzw. der Teilnehmer war sicher auch das Verständigen und auch die «Regeln» der Schweiz zu lernen, die ganz anders in ihrem Land sind. Was auch ein grosses Problem von vor allem Jugendlichen ist, ist dass sich ihr ganzes Leben plötzlich verändert und sie ihre Freunde vielleicht nie wieder sehen und ihren Interessen viel weniger gut nachgehen können. Viele haben immer wieder gefragt, ob es eine Möglichkeit gibt, dass sie diesem und jenem Sport nachgehen können, aber der AOZ fehlt das Geld, jedem seine Wünsche zu erfüllen.
Über mich selbst habe ich gelernt, dass ich gut mit Menschen umgehen und reden kann, auch wenn ich eigentlich ein eher zurückhaltender Mensch bin. Es hat mir viel Spass gemacht, mich mit den Leuten zu unterhalten und Geschichten aus ihrem Leben zu hören und auch aus meinem Leben zu erzählen. Mit einem Mann habe ich mich sehr ausführlich darüber unterhalten, dass er unbedingt einmal Kafka und Sigmund Freud lesen möchte und er hat mir erzählt, was er alles schon gelesen hat und ich habe ihm erzählt, was ich gerne lese. Es war ein sehr schönes und aufschlussreiches Gespräch. Ich weiss nicht, ob ich eine sehr grosse Hilfe war, indem ich geholfen habe, etwas Geld zu verdienen, aber ich bin sehr dankbar für die Erfahrungen, die ich sammeln durfte. Ich kann diesen Einsatz sehr weiter empfehlen, man knüpft viele neue Kontakte und sammelt viele neue Erfahrungen. Man muss sich aber auch dafür interessieren, denn sonst kann einem vor allem in der Handwerkstatt schnell langweilig werden. Für mich aber war es sehr spannend und ich könnte mir durchaus vorstellen, später etwas in diese Richtung zu machen.
Abschliessend kann ich nur sagen, dass ich sehr froh und dankbar bin, diese Erfahrung gemacht zu haben und ich würde mir sehr wüschen, dass weitere Personen auf diese Organisation aufmerksam werden würden, da sie sich so sehr es nur geht um die Bewohner und Teilnehmer kümmert. Es ist einfach furchtbar zu sehen, unter welchen Umständen manche von ihnen leben mussten und was für eine schreckliche Geschichte sie haben. Ich meine, unter den Flüchtlingen sind Kinder im Alter von zwei Jahren dabei. Kinder sollten nicht so aufwachsen und keiner sollte solche Dinge erleben und aus dem eigenen Land flüchten müssen.
Es war eine aufschlussreiche, aber dennoch nicht immer leichte Erfahrung und ich habe gelernt, dass das Leben nicht für alle so einfach ist wie für uns und der Kontakt mit diesen Menschen hat mich stark berührt.
Jeanne Schmidt, Klasse 4c