Paris, Mailand, Rom. Nach langem Warten und keiner Antwort, entschied ich mich auch in der Schweiz nach einer Designagentur zu suchen. Mir war es von Beginn an wichtig: Ich möchte etwas mit Design machen. Im Unterschied zu anderen Mitschüler:innen suchte ich nach einem Ort, an dem ich ein Praktikum mit dem Thema Kreation machen durfte, nicht nach irgendetwas Unbestimmtem an einem festgelegten «Traum»-Ort. Natürlich hätte es mir auch gefallen, mal von meinem Zuhause wegzukommen und in eine andere Stadt oder anderes Land zu reisen. Das lag bei mir aber nicht an erster Stelle, deshalb habe ich eine sehr renommierte Designagentur gefunden, die ihren Platz im Süden der Stadt Zürich hat. Die Creative Consulting AG «Notation» hat zugesagt. Vier Wochen vor dem Projekt wurde ich eingeladen, um mich persönlich vorzustellen und meine Ziele des Aufenthalts klarzustellen und so habe ich meine zwei Wochen «Personal Project» an der Giesshübelstrasse 62, gleich neben der Saalsporthalle verbracht.
Es ist neun Uhr morgens, die Tür ist offen, als ich «Notation» betrete, es beginnen meine zwei Wochen «Personal Project». Die Architektur des Gebäudes ist sehr grosszügig gebaut, 10 Säulen stützen den hohen Raum, die Lampen sind grosse Ringe, die den Raum beleuchten. Mir wird das ganze Büro gezeigt, darunter auch die Werkstatt im ersten Untergeschoss. Ich darf an einem der grossen Bildschirme Platz nehmen.
In der ersten Woche war ich eher auf mich selbst gestellt. Meine Aufgabe und mein Ziel war es, meine Generation zu analysieren. Schliesslich muss man die Zielgruppe einer Marke oder eines Produktes erkennen und verstehen können, um ein Produkt zu verkaufen. Ich stellte unteranderem in der ersten Woche viele Moodboards her und der Fokus lag klar beim Thema «Brand Strategy» und «Brand Design». In dieser Zeit ist mir auch klar geworden, wie strikt und fokussiert man in der Arbeitswelt abliefern muss. Das Team hatte viel zu tun und ich konnte immer mal wieder über die Schulter schauen und lernen. Die Kommunikation war immer auf Englisch, was mich zu Beginn ein wenig verunsichert hatte. Doch schon bald fühlte ich mich sehr wohl.
In der zweiten Woche hatte das Team von Notation deutlich mehr Zeit für mich. Ich durfte am Montag im wöchentlichen Meeting teilnehmen und präsentierte der ganzen Agentur meine Moodboards und teilte dabei meine Überlegungen. Nach dem Mittag bekam ich eine Einführung ins Thema «Industrial Design», damit habe ich mich dann die nächsten Tage auseinandergesetzt. Ich durfte ausserdem herausfinden, wie man das Stützmaterial eines 3D-Drucks möglichst präzise und sauber entfernt. Danach überlegte ich bereits zum ersten Mal, welche Verschlüsse bzw. Öffnungen mich interessieren. Im Hinterkopf der Gedanke, dass es meine Aufgabe der Woche sein wird, ein neues Case für meine Airpods zu designen. Da mir dies zu Beginn nicht sehr leichtfiel, beschloss ich, als Inspiration und Ideenfindung, im Globus einige Runden zu drehen. Ich studierte dabei ganz viele verschiedene Verschlüsse für Allesmögliche und hielt das Ganze fotografisch fest.
Am Tag darauf wurde mir gleich zu Beginn ein konkretes Beispiel eines Arbeitsprozesses des «Industrial Designs» gezeigt und erläutert wie dies mit «Product Experience» zusammenhängt. Später begann ich viele Entwürfe für allfällige Cases für Airpods zu zeichnen. Für mein «Mindmap» wurde mir eine verschiebbare Wand aus Filz gebracht. Ich steckte dort meine Zeichnungen mit Nadeln auf. Dann war es auch schon an der Zeit, dass ich in der Werkstatt eigene Prototypen herstellen sollte. Dafür benutzte ich Schaumstoff, Styropor, Papier, Alufolie, Karton und Metallfolie.
Am Mittwoch verbrachte ich nochmals einen halben Tag in der Werkstatt. Über Mittag hatte ich eine sehr spannende Diskussion mit dem Notation Team, es handelte sich um die Erkenntnis, dass beim Berufsweg kleine Details grosse Rollen spielen. Es spielt nicht nur eine Rolle was und wie man studiert. Nein, es ist auch sehr wichtig wo. Danach wollte ich noch ein paar weitere Ideen sammeln und die bisherigen verfeinern. Noch am selben Tag lernte ich auch den Einstieg in die Welt der 3D-Programme. Zu Beginn probierte ich zwei Objekte möglichst originalgetreu nachzubauen. Doch schon bald startete ich damit eine Verpackung für meine AirPods zu modellieren. Dabei muss ich einfach sagen wie faszinierend das Ganze ist. Das Programm, welches ich benutzten konnte, ist so konzipiert, dass es möglich ist, wirklich Alles plastisch zu kreieren.
Am nächsten Morgen setzte ich die Arbeit an der Hülle fort. Als ich ein gutes Zwischenergebnis erarbeitete, schickte ich das Case Simone, der es noch einmal rendern musste. Vor dem Mittag startete ich ausserdem noch mit einem komplett neuen Konzept eines AirPod Cases. Im 3D-Programm Fusion nahm ich Erwin Wurms «Fat Cars» als Inspiration für meine zweite kreative Arbeit. Danach konnten wir endlich mein erstes Case 3D drucken.
Wir bemerkten erst am Tag darauf, dass der Druck leider nicht funktioniert hat. Vielleicht lag es daran, dass das Stützmaterial nicht aufgerufen worden war. So genau wissen wir das aber nicht. Wir druckten das Produkt noch einmal. Der letzte Tag dieser zwei Wochen ist angebrochen. Ich war nun auch zufrieden mit dem zweiten Produkt, dem «Fat Case». Ich speicherte das Fusion-Dokument und begann mit dem Zusammensetzen des 3D-Drucks, meines ersten Case-Entwurfs, welcher mittlerweile fertig war. Den Klappdeckel befestigte ich mit einem doppelseitigen Klebeband am Unterkörper für den Anblick der gesamten AirPod-Hülle. Am Nachmittag lernte ich ein weiteres 3D-Modelling Programm kennen: Keyshot. Es war wirklich spannend, mein bisheriges 3D Modell zu verfeinern und perfektionieren. Verschiedene Materialien, welche ich in Keyshot bestimmen konnte, erweckten mein Design. Dieses Programm ist sehr fesselnd, endlich ist mir klar, wie die Werbungen ihre Produkte immer so perfekt aussehen lassen; mit Keyshot. Ein Programm, das einen riesigen Rechner braucht, um überhaupt zu funktionieren. Kein Wunder bei so vielen möglichen Anforderungen.
Ich verliess die Agentur mit einem rückblickend sehr guten Gefühl. Die zwei Wochen haben mich technisch, aber auch geistig, sehr viel weitergebracht. Die selbstständige Arbeit und Ideen umzusetzen mit einem konkreten Ziel, erlebte ich als sehr inspirierend. In diesen zwei Wochen realisierte ich ausserdem, dass nicht nur ich von der Agentur profitieren durfte, sondern sie auch von mir profitieren konnten. Es war ein gegenseitiger Austausch, egal ob in den Pausen oder während der Arbeit. Die zwei Wochen waren sehr lehrreich und ein Designpraktikum bei Notation kann ich jedem vorschlagen, der schon immer Kreatives entwerfen wollte oder den Prozess des Industrial Design kennenlernen möchte.
Ludwig Hoefs