Die Klasse 5d auf dem Grossen Aletschgletscher
Nun war er da, der grosse Tag, das Highlight der 5. Klasse.
Pünktlich um 8.45 Uhr traf sich die Klasse 5d, sowie Herr Riebler und Herr Leumann am Hauptbahnhof und zusammen machten wir uns auf den Weg zu unserem Ziel.
3 Stunden später fanden wir uns in Mitten der Walliser Berge wieder. Zuerst ging es mit der Sesselbahn von Mörel aus auf die Riederalp und anschliessend zu Fuss zu unserer Unterkunft auf 1900m Höhe. Vor uns bot sich uns ein malerischer Anblick der Villa Cassel. Die im englischen Stil erbaute Villa wirkte wie in die Landschaft „reinkopiert“.
In dieser herrlichen Umgebung verzehrten wir unser Mittagessen unter einem schattenspendenden Baum mit Blick auf die Villa, der Riederfurka und den unzähligen Bergspitzen.
Gleich nach unserer Mittagspause durften wir nun endlich die Villa auch von innen sehen. Während wir unsere Zimmer direkt unterm Dach bezogen, die früher dem Hauspersonal Sir Ernest Cassels vorbehalten waren, residierten unsere Begleitpersonen in den Räumlichkeiten, in denen schon Churchill logiert haben soll.
Doch uns blieb nicht viel Zeit um uns an die charmante Holzeinrichtung der Villa zu gewöhnen. Mit Wanderschuhen ausgerüstet machten wir uns umgehend auf einen Erkundungsspaziergang. An einem sonnigen Plätzchen mit einer formidablen Aussicht auf den Gletscher legten wir eine Pause ein um die Landschaft zu geniessen, sich ein bisschen auszuruhen und etwas mehr über den Gletscher zu erfahren. In den letzten 160 Jahren lag der Gletscherrand noch rund 200m höher. Dieses Gebiet zeichnet sich noch immer als helles Band, gut sichtbar in der Landschaft ab. Hier, auf 2200 Meter Höhe wurde uns das Ausmass des 22,6 km langen Aletschgletschers erst richtig bewusst. Herr Riebler verteilte uns ein ausführlich zusammengestelltes, mehrseitiges Dossier, welches mit grösster „Sorgfalt“ in den Rücksäcken verstaut wurde und seither das Tageslicht nicht mehr erblickt hat.
Auf dem Rückweg durchstreiften wir den seit 1933 unter Naturschutz stehenden Aletschwald. Hier wachsen Arven und Lärchen und im Juni säumen Alpenrosen die Wege. Wir durften nichts abreissen, jedoch die Nadeln der Lärchen „streicheln“ war erlaubt. Zitat einer Schülerin: „Diä sind ja sogar kuschlig wänn mers rückwärts streichlät“.
Nach dem Znacht blieb genügend Zeit die Gegend auszukundschaften. Während die Klasse sich in alle Himmelsrichtungen aufteilte unternahm eine kleine Gruppe noch einen Abendspaziergang auf das 2‘230m hohe Riederhorn. Der Anstieg hat sich mit einem atemberaubenden Blick auf die unzähligen Bergspitzen der Walliser Alpen voll und ganz ausgezahlt. Die Abendröte tauchte den Dom, das Weisshorn und das Matterhorn in ein zartes Rosa und liess die 4000er in einem für manchen Lehrer schon fast zu kitschigen Anblick wieder erstrahlen. „Das wird ja immer kitschiger. Mer chan ja chum hi luege“ – Zitat von Herrn Riebler.
Als die Sonne verschwunden war und es allmählich kühler wurde machten auch wir uns auf den Abstieg.
Dienstagmorgen - Der grosse Tag.
Für die einen begann er schon um 5 Uhr mit dem Anstieg auf das Riederhorn um den Sonnenaufgang mitzuerleben, für die anderen erst um halb acht mit dem Zmorgen. Gestärkt, mit Proviant, Sonnencreme, Hut und Wanderschuhen liefen wir dem Gletscher entgegen. Begleitet wurden wir von Bergführer Martin, einem waschechten Walliser, der uns sicher drei Mal erklärte, dass „Isch“ – Eis heisst. Von ihm angeführt wanderten wir steil abwärts durch die immer karger werdende Landschaft bis zum Gletschertor. Nach einer ersten Stärkung auf der Seitenmoräne des Gletschers, begann der lang ersehnte Höhepunkt unserer Expedition: Die spektakuläre Wanderung auf dem Gletscher.
Die Steigeisen waren montiert, das Seil um die Hüften geschnürt und so erklommen wir im Gänsemarsch die gewaltige Masse aus Eis, Schutt und Geröll. Unser Weg führte uns durch das Zehrgebiet des Gletschers. Dort ist die Ablation grösser als die Akkumulation, d.h. es schmilzt mehr Eis als dazukommt.
Und so wanderten wir „üf em Isch“ haarscharf an den metertiefen Gletscherspalten vorbei und bestaunten Gletschertische, die von Martin auch gerne Steinpilze genannt wurden. An dieser Stelle durften auch die Gletscherflöhe nicht fehlen. Diese können in dem kalten Eiswasser problemlos überleben. In Windjacken eingepackt wurden wir bei einem kleinen Halt Zeugen eines doch eher ungewöhnlichen Szenarios. Unser Bergführer zauberte mit Ciceros beschwörenden Worten und der Hilfe von Mutter Natur und einer Tüte voll Wasser aus einem Schutthügel einen kleinen Eisberg.
Mit diesen Eindrücken liessen wir den Aletschgletscher hinter uns und es erfolgte der anstrengende Aufstieg zurück durch den Arvenwald bis zur Villa Cassel.
Noch ein letztes Mal warfen wir einen Blick auf die Walliser Bergspitzen und traten unsere Rückreise an. Im Zug nach Zürich verfolgten wir gebannt das Fussball-WM Halbfinal. Je näher wir Zürich kamen, desto ausgelassener wurde die Stimmung. Lachend, mit etwas müden Beinen, zahlreichen Eindrücke von gewaltigen Eismassen und Erinnerungen an schneebedeckte Bergspitzen ging unsere zweitägige Reise zu Ende.
Aber nicht nur wir haben Neues erfahren, auch Herr Riebler hat eine Lektion fürs Leben gelernt: Packe NIEMALS Schoggi in der Nähe einer Klasse aus – lautes Geschrei, Schoggi weg!
Elena Santi (Schülerin der Klasse 5d)