Fast ein ganzes Jahr hatten wir uns schon auf unsere Arbeitswoche gefreut. Die Reise führte uns nach Berlin, mit einem kleinen Zwischenstopp in Göttingen. Wieso gerade Göttingen? In der Zeit zwischen den Sommer- und den Herbstferien hatten wir in Deutsch die fiktive Doppelbiografie von Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt „Die Vermessung der Welt“ von Daniel Kehlmann gelesen und uns in Mathematik mit den mathematischen Errungenschaften von Gauβ auseinandergesetzt. Demzufolge machten wir uns zuerst auf die Spuren von Gauβ, der fast sein ganzes Leben in Göttingen verbracht hatte.
Am Samstagmorgen versammelte sich die ganze Klasse am Bahnhof Zürich. Nachdem wir uns alle versichert hatten, dass wir die Tickets nicht zu Hause hätten ausdrucken müssen, begann die Reise in Richtung Göttingen (in unserer Vorstellung ein kleines, langweiliges Kaff). Denkste – schnell stellte sich heraus, dass Göttingen eine Universitätsstadt und grösser als Zürich ist. Nach einer langen Zugfahrt voller Gummibärchenorakel, „Wer im Raum … ?“ und verschiedener Kartenspiele, kamen wir endlich an. In Göttingen erwarteten uns zwei spannende Führungen zum Thema Gauβ und ein leckeres und vor allem lustiges Abendessen. Nach einem Tag in der gauß’schen Stadt mussten wir auf uns allein gestellt den Bahnhof finden, was uns mit Unterstützung der Einheimischen gelang – dies sogar pünktlich. Weiter ging’s nach Berlin!
Da das Treffen der beiden Genies in Berlin stattfand, kamen wir überhaupt auf die Idee dorthin zu gehen. Da Humboldt seine Forschungen aber eher in Südamerika ausgeführt hatte und es ein bisschen schwer gewesen wäre, die Arbeitswoche damit zu verbringen, das Amazonasgebiet zu durchforsten, beschäftigten wir uns eher mit der reichhaltig vorhandenen Geschichte Berlins.
Unser Aufenthalt in Berlin begann mit einer geführten Velotour entlang der ehemaligen Mauer bei schönstem Wetter. Unser Guide Knut, den wir sofort ins Herz schlossen, erzählte uns vor allem viele persönliche Erlebnisse.
Eher allgemeine Informationen zu dieser Zeit erfuhren wir im DDR-Museum, in dem wir eine sehr spannende Führung hatten. Beeindruckt und auch etwas schockiert machten wir uns dann zusammen (bis auf diejenigen, die lieber das Deutsche Historische Museum besuchen wollten) auf den Weg zur „Topographie des Terrors“, vorbei am Holocaust Mahnmal und am Potsdamer Platz. Die Ausstellung war sehr spannend, aber auch sehr erschreckend. Ebenfalls eine gute Erfahrung war das jüdische Museum mit seiner sehr ausgeklügelten Architektur. Dort konnten wir zwischen drei Führungen wählen, die spannender waren als erwartet (nicht zuletzt wegen den tragbaren Stühlen, die man während der ganzen Führung bei sich tragen konnte).
Um uns in Berlin wenigstens ein bisschen mit Humboldt zu befassen, besuchten wir die Humboldt Universität. Sie war zwar nicht von Alexander, sondern von seinem Bruder Wilhelm gegründet worden, aber Familie ist Familie. Zwei sehr liebenswürdige Studenten führten uns herum und konnten einige von uns sogar dafür begeistern, später an der Humboldt Universität zu studieren.
Auch sehr begeistert waren wir vom Essen in Berlin. Am Wichtigsten war uns die echte Berliner Currywurst, die wir uns nicht entgehen lassen konnten (nicht einmal die Vegetarier). Dabei kamen nicht wirklich gute Erinnerungen an das Buch „Die Entdeckung der Currywurst“, das wir vor zwei Jahren in Deutsch gelesen hatten, hoch.
Zweimal ass die ganze Klasse zusammen, einmal tibetanisch und einmal italienisch. Ansonsten konnten wir uns selbst verpflegen. Zum Glück war die Auswahl gross und wir fanden immer etwas Leckeres. Am Dienstag fand ausserdem ein freiwilliges Essen mit den Lehrern statt, bei dem es eine kleine Gruppe sehr amüsant hatte.
Ein Highlight der Woche war unser Besuch im Filmpark Babelsberg. Dort drehten wir eine etwas unglaubwürdige Version eines James Bond Streifens. Aber trotz dem (leider) vorgegebenen „Drehbuch“, machten die Dreharbeiten viel Spass und waren eine interessante Erfahrung. Am besten gefiel uns definitiv die Stuntszene, bei der alle Unbeteiligten begeistert zuschauten. Nach Drehschluss hatten wir noch freie Zeit, um den Park zu erkunden. Einige besuchten das Aussenset von GZSZ, andere fanden die Stuntshow interessanter.
Auch unseren Spass hatten wir bei unseren ausgiebigen Shoppingtouren, mal am Alexanderplatz, mal am Kurfürstendamm. Genug Auswahl hatten wir und aus irgendeinem Grund waren die Koffer am Ende der Woche viel schwerer als am Anfang.
Am Abend hatten wir meistens frei und erkundeten das Berliner Nachtleben. Für einige (einmal sogar für die Lehrer) war es nicht immer so einfach, pünktlich zur Nachtruhe zu Hause zu sein. Andere verbrachten auch mal den ganzen Abend im Zimmer in unserer gemütlichen Pension in Kreuzberg. Auf jeden Fall wurde uns nie langweilig.
Nur am letzten Abend hatten die Lehrer etwas geplant. Wir machten uns alle besonders hübsch (Kommentar Schneckenburger: „Wow!“) für einen Besuch im Berliner Ensemble. Dort wurde gerade die Dreigroschenoper von Bertolt Brecht gespielt – einige wenige fanden es gut, für die meisten aber war es die perfekte Gelegenheit ein wenig Schlaf nachzuholen (2. Kommentar Schneckenburger: „Ich bin sehr beeindruckt davon, wie hübsch ihr euch alle gemacht habt und dass niemand zu laut geschnarcht hat.“).
An diesem Abend kamen wir alle sehr spät nach Hause und gingen auch dann noch nicht sofort auf unsere Zimmer. Dennoch wachten am letzten Morgen einige wenige in ihrem eigenen Bett auf und langsam traf die Klasse sehr verschlafen beim Frühstück ein. Trotz der Müdigkeit konnten wir unseren letzten Tag in Berlin geniessen und verbrachten auch eine gute Zeit im Nachtzug nach Zürich, obwohl einige mit der Grösse der Abteile nicht ganz zufrieden waren. Schweren Herzens verabschiedeten wir uns am Ende dieser Woche von Berlin und waren uns alle sicher, dass es nicht zu lange dauern würde, bis es uns wieder nach Berlin verschlagen würde.
Obwohl wir oft auf uns allein gestellt verschiedene Orte finden mussten, was nicht immer allen so gut gelang, teilweise zu früh aufstehen mussten und irgendwann zu unserem Schrecken erfuhren, dass fast alles in der „Vermessung der Welt“ gelogen war, verbrachten wir eine sehr schöne und vor allem lustige Woche in Berlin und Göttingen. Wir freuen uns schon sehr auf den Abschlussabend, den unsere Lehrer für uns organisieren, bei dem wir die Verfilmung des Buches sehen und vor allem unsere eigenen schauspielerischen Leistungen in unserem „James Bond Film“ bewundern werden.
Ein grosses Dankeschön an unsere Begleiter, Frau Du Bois und Herr Schneckenburger, für das interessante und vielseitige Programm und die tolle Woche, die wir mit Ihnen in Berlin verbringen durften.
Sibylle Benz und Chiara Kohler