Zürcher Kühe im Jura

Was hat 26 Gesichter, von denen eines höchstmotiviert und die anderen verschlafen dreinblicken? Richtig: eine Schulklasse und ihr Lehrer, die sich um viertel vor acht für eine Exkursion treffen. Und genau so startet unser kleines Abenteuer im Jura, welches gleichzeitig der Abschied eben dieses motivierten Gesichtes bedeutet. Denn Herr Bünter wird nun nach unzähligen Jahren von «Schülerdomptieren» pensioniert. Und da wir, die Klasse 4b, seine liebste waren, hat er mit viel Liebe zwei Tage voller Lachen und Blasen an den Füssen organisiert.

Zuerst geht es mit dem Zug nach Biel, wo wir auf einen weiteren Zug Richtung Delémont umsteigen. Auf der Fahrt wird zu unterschiedlichster Musik aus verschiedenen Lautsprechern gesungen. Und auch Herr Bünter singt, wie wir es nicht anders von ihm gewohnt sind, lauthals mit.

Nach einer Fahrt mit dem Bus von Delémont nach St. Ursanne geht es dann richtig los. Zuerst gibt uns Herr Bünter im kleinen Kloster einen Crashkurs über die Geschichte St. Ursannes und dann heisst es: Immer schön dem Doubs entlang. Auf dem Weg wird geredet, gelacht und vor allem geschwitzt. Nach einiger Zeit an der prallen Sonne entscheidet sich der Grossteil der Klasse sogar dazu, in Badekleidung weiter zu wandern. Dass dies einen ziemlich unterhaltsamen Anblick bot, kann man sich denken.

Nach unter anderem einer kleinen Mittagspause am Doubs und einer Rezitation der aktuellen Deutschlektüre (Frühlings Erwachen…) kommen wir in Soubey an. Da uns Herr Bünter die von uns erreichte Geschwindigkeit nicht zugetraut hatte, haben wir dort genug Zeit für eine Erfrischung im Fluss. Nach dieser fahren wir mit dem Extra-Bus nach Le Bémont, wo wir unsere Jugendherberge beziehen.

Zum Abendessen sind wir bei Herrn Bünters überaus herzlichen Freunden zum Abendessen eingeladen. Raymonde und Ignace Froidevaux haben reichlich Spaghetti und Salat zubereitet und verwöhnen uns liebevoll. Nach einem leckeren Dessert und dem mehr oder weniger gescheiterten Versuch, unser Französisch unter Beweis zu stellen, fahren uns die beiden an einen kleinen See (Étang de la Gruère). Dieser liegt mitten im Wald, was der Atmosphäre etwas Märchenhaftes verleiht. Da dies jedoch zu perfekt wäre, verliert Juri gleich sein Handy im schwarzen Wasser. Nach einigen Minuten wird Selma zur Klassenheldin erklärt, da sie das Telefon retten kann.

Zurück in der Jugendherberge entscheiden wir uns dazu, den weiteren Abend draussen zu verbringen, während Herr Bünter und Herr Beeli spazieren gehen. In der vergeblichen Hoffnung, die Pizzeria habe noch geöffnet, bestreitet ein kleines Grüppchen sogar den Weg ins nächste Dorf.

Am nächsten Morgen frühstücken wir gemeinsam in der Unterkunft. Dann spazieren wir zum nächsten Coop, wo wir unseren Vorrat aufstocken. Über Kuhweiden, durch Wälder und Dörfchen führt uns der Weg nach Goumois am Doubs. An der französischen Grenze beginnt nun der letzte Kraftakt: eine vierstündige Kanufahrt. Nach anfänglichen Streitereien, wer in welchem Kanu fahren darf, führen uns unsere überaus entspannten Guides den Doubs entlang. Zwischendurch muss immer wieder angehalten werden, da mal jemand stecken bleibt oder vom Kanu fällt. Meistens ist dies eine Folge des eifrigen Wettrennens verschiedener Parteien.

Spätestens nach den ersten zwei Stunden stellen sich diese dann aber mehr oder weniger ein, da die Fahrt schon sonst langsam kraftaufreibend wird. Zum Glück halten wir für eine Mittagspause, in der sich gewisse auch einen kleinen Mittagsschlaf gönnen.

Die zweite Hälfte der Fahrt verläuft etwas ruhiger, was einem das Geniessen der schönen Umgebung erleichtert.

Wieder in Soubey angelangt stürmen wir gleich den kleinen Dorfladen, was die dort arbeitende Frau mehr schlecht als recht meistern kann. Mit dem Bus geht es dann zurück nach St. Ursanne und von dort aus über Delémont nach Zürich. Abgesehen davon, dass die Hälfte der Klasse beinahe an der falschen Haltestelle aussteigt, verläuft der Rest der Fahrt aufgrund unserer Erschöpfung eher unaufgeregt.

Müde und glücklich verabschieden wir uns schliesslich in Zürich voneinander. Wir haben zwei Tage voller Erinnerungen hinter uns, die uns noch lange verbinden werden und für die wir Herrn Bünter überaus dankbar sind.

Lena Schulthess